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tv-explodeIn meinem engeren Freundeskreis kenne ich niemanden, der noch aktiv Fernsehen guckt. Ich meine damit, dass man sich zu einer festen Uhrzeit vor den Fernseher setzt und eine Sendung schaut und die ganze Werbung und was sonst noch so da durchflimmert erträgt. Meine Generation schaut, wenn überhaupt alles Online oder per Streaming, wann sie es will und nicht zu fest definierten Zeitpunkten.

Meine Eltern könnten dies auch so machen, da ich ihnen ihre Computer dafür eingerichtet habe und ihnen erklärt habe wie die Programme funktionieren aber sie tun es nicht. Sie gehören noch zu der Generation, die sich vor den Fernseher setzt weil ihnen das Computerzeug zu kompliziert ist. Als ich über Weihnachten und Neujahr bei meinen Eltern war habe ich unweigerlich mal wieder in den Fernseher schauen dürfen und war entsetzt.

Es fängt ja damit an, dass grundsätzlich über die Weihnachtsfeiertage nichts passiert und in den Nachrichten nur vorgefertigte Beiträge über das Weihnachtsgeschäft und das Wetter laufen. Ganz klar die Journalisten machen lieber Urlaub. Wer also einen Völkermord plant, kann den problemlos über die Weihnachtsfeiertage durchziehen, ohne dass darüber in den Nachrichten berichtet wird.

Dann passierte der Ski-Unfall von Schumacher. Den finde ich ebenfalls schlimm und natürlich ist er eine Person des öffentlichen Lebens und in den Nachrichten darf darüber berichtet werden. Ich würde die Meldung allerdings für 10 Sekunden in den Sportteil packen, weil er Sportler ist. Statt dessen hat die ARD zu Beginn ihrer Nachrichten eine Liveschaltung vor das Krankenhaus gemacht und 5 Minuten darüber berichtet. Andere, meiner Meinung nach wichtigere weltpolitische Themen, wurden entsprechend gekürzt. Richtig schlimm fand ich, dass diese Liveschaltung total unnötig und teuer war. Der Reporter vor Ort berichtete nur, dass er auch nicht mehr weiß und das Krankenhaus von einer Meute von Reportern belagert wird. Dies hielt dann ein paar Tage an, bis die Reporter dann sagten, dass sie sich zurückziehen, weil die Angehörigen und das Krankenhaus es so wollen. Der Informationsgehalt in diesen paar Tagen war absolut Null. Der häufigste Satz war: „Wir wissen auch nicht mehr aber bla bla bla …“

Ein paar Tage später kam dann im ZDF in den Nachrichten ein Beitrag darüber, dass alle Feiertage dieses Jahr auf Wochentage fallen. Es wurde gezeigt wie man seine Urlaubstage geschickt verteilen kann, um beispielsweise eine Städtereise zu machen. Da wurde also in den Nachrichten Werbung für Städtereisen gemacht. Etwas was ich bis dahin nur von den privaten Sendern kannte. Dort wird in den Nachrichten häufig Werbung für Kinopremieren oder Konzerte gemacht. Pro7 lobt im Wirtschaftsteil der Nachrichten auch gerne seine eigenen Aktien.

Besonders beliebt bei der Jugend sind die RTL2-Nachrichten. Dort wird der Schwerpunkt eher auf Softnews gelegt, also was Stars- und Sternchen so machen. So etwas würde ich eher in Entertainment-Magazine als in die Nachrichten packen. Stellt sich die Frage, ob die Jugend so etwas wirklich lieber sehen will, oder ob nur die Zielgruppe angesprochen wird, die überhaupt noch Fernsehen guckt. Ich gehe mal davon aus, dass die intelligenten Jugendlichen sich genauso vom Fernsehen verabschiedet haben wie ich und lieber sinnvolleres Online schaut.

Ich glaube nicht das Fernsehen dumm macht. Ich würde eher sagen Fernsehen macht dumme Menschen dümmer und schlaue Menschen schlauer.

Welche Zielgruppe hat aber mehr Einfluss auf die Quote? Hier würde ich sagen eindeutig die Dummen, weil die Schlauen abschalten und online Dokumentationen schauen während wieder nur Dokusoaps, Dschungelcamp und anderer Mist läuft. Dadurch wird dann durchschnittlich mehr von diesen Mist-Sendungen ausgestrahlt, weil sie eine höhere Quote bringen.

Doch zurück zu den Nachrichten. Durch die Auswahl der Themen in den Nachrichten, die Reihenfolge und die Zeit, die man den Themen gewährt kann man die Zuschauer manipulieren. Im Moment werden die Themen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Journalisten ausgewählt, die über den Aufsichtsrat, in dem überwiegend Politiker sitzen, bestimmt werden. Das sind Journalisten, die der politischen Mitte angehören, den Kapitalismus und die transatlantische Freundschaft bejahen, also voll im System verankert sind. Dadurch sind natürlich links-liberale Themen unterrepräsentiert in den Nachrichten. So kommt immer wieder der Vorwurf von Bürgerrechtsorganisationen, dass ihre Demonstrationen mit 10 Sekunden Beiträgen abgehandelt werden, während ausführlich von langweiligen nichtssagenden Pressekonferenzen der Politik berichtet wird. Demnach ist der angeblich unabhängige öffentliche Rundfunk, also nur eine Werbeplattform für die Politik. Genau das Gegenteil von dem was er eigentlich sein sollte.

Ich bin demnächst auf dem deutschen Fachjournalisten Kongress in Berlin. Man kann sich dort nur offline anmelden per Fax, was zum Glück ein Freund von mir übernommen hat. Auch ansonsten scheint es eine totale offline Veranstaltung zu sein. Die Eintrittskarte wird jedenfalls noch für jeden Teilnehmer liebevoll per Hand ausgefüllt.

Deutscher Fachjournalisten Kongress 2009 Eintrittskarte Vorderseite

Deutscher Fachjournalisten Kongress 2009 Eintrittskarte Vorderseite

Ein Microblogging #Tag wurde jedenfalls nicht festgelegt und deswegen definiere ich hiermit eines:

Ich hoffe es gibt wenigstens WLan auf der Veranstaltung. 12 Journalisten bekommen jedenfalls am Tage darauf einen Tag Intensivschulung über das Internet 😉

Deutscher Fachjournalisten Kongress 2009 Eintrittskarte Rückseite

Deutscher Fachjournalisten Kongress 2009 Eintrittskarte Rückseite

Ich werde jedenfalls fleißig online darüber microbloggen. Viel erhoffe ich mir von der Veranstaltung nicht, die sich doch recht rückständig gibt. Mal sehen wie sich die Offline-Presse ins neue Medienzeitalter retten will.

Die Springer-Presse wird uns ja online bald erspart bleiben, weil sie gerne Geld für ihren Content haben möchte. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand dafür zu zahlen bereit ist.

Burda bringt gerade sein Nachrichtenportal an den Start um eine Gegenplattform zu Goolge News zu etablieren. Ein hoffnungsloses Unterfangen, wenn man bedenkt, das Google seit Jahren 99,9% des deutschen Marktes gut und für die Nutzer kostenlos abdeckt.

Ansonsten versucht die offline Presse sich in Berlin zu komprimieren. So ist die Bild-Zeitung schon vor einiger Zeit nach Berlin umgezogen. Auch DPA wird seine Büros in Hamburg aufgeben und die Mitarbeiter nach Berlin holen. Außerdem plant man bei DPA, die Nachrichten für das Internet atraktiver aufzubereiten. Bis jetzt konnte man bei DPA mit einer „Fire & Forget“-Taktik die Nachrichten raushauen aber jetzt wo das Internet immer mehr zur Konkurrenz wird, denkt man darüber nach die Nachrichten besser aufzubereiten und besser zu verknüpfen. So will man einen „Allround“-Service anbieten und Fotos, Nachrichten und Videos entsprechend kombinieren. Kleine Zeitungen können sich dann Content für ihre Webseite und für ihre Überregionalen Nachrichten direkt von DPA liefern lassen. Wenn man sich die Landschaft der kleinen Zeitungen anschaut, wird man feststellen, dass es da aber kaum noch unabhängige gibt. In Schleswig-Holstein z. B. ist alles fest in der Hand von shz.de, sodass alle kleinen regionalen Blätter im überregionalen Bereich das Selbe berichten. Wo die DPA da noch Kunden für ihren neuen Service finden will, ist mir ein Rätsel.

Zum Thema Journalismus in der Krise gibt es einen guten Webcast vom elektrischen Reporter: Zukunft des Journalismus: wer soll das bezahlen?.